Momentan durchlebt der Autohandel schwierige Zeiten. Dabei bleiben die Frage der Unternehmensnachfolge und die Möglichkeit eines Firmenzusammenschlusses oftmals auf der Strecke. Da sich viele Händler in der Praxis häufig zu spät oder nicht ausführlich genug mit dieser Thematik auseinandersetzen, passieren in dem Bereich immer wieder vermeidbare Fehler.
Laut CARS student consulting, der studentischen Unternehmensberatung der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen, weist auch die Forschung zu dieser Thematik noch Lücken auf und bezieht sich im Wesentlichen auf börsennotierte Unternehmen sowie große mittelständische Betriebe. Das war die Motivation für ein Team von CARS student consulting, sich intensiv mit Unternehmensübernahmen zu beschäftigen. Die junge fünfköpfige Gruppe besteht aus Desirée Leitenberger, Nadja Clement-Krohn, Marina Hatzilazarou, Sebastian Berning und Leonard Lössl.
Orientierungshilfe für den Handel
Die Studie “Unternehmensnachfolge und ‑zusammenschlüsse: Der deutsche Automobilhandel im Wandel” soll einen verständlichen Einstieg in das Thema ermöglichen und kann als Orientierungshilfe für den Automobilhandel verwendet werden. Darin enthalten sind unter anderem allgemeine Informationen zu verschiedenen Nachfolgemöglichkeiten sowie zum gesamten Merger & Acquisition (M&A)-Prozess, wobei der Begriff sowohl für eine Unternehmensübernahme, einen Unternehmenszusammenschluss als auch eine Unternehmenstransaktion verwendet werden kann.
Praxisbeispiele veranschaulichen das Thema, so z.B. M&A‑Prozesse bei den Autohändlern Kunzmann, Weeber, Kummich und der HW-Gruppe. Als Basis für die Studie dienten Expertenmeinungen und Untersuchungen aus den Bereichen Beratung und Wissenschaft sowie dem stationären Handel. Spannend für die Autohäuser: Die Studierenden leiten davon konkrete Handlungsoptionen ab.
Strategische Planung zählt
Die Themen Unternehmensnachfolge und Unternehmenszusammenschlüsse sind der Studie zufolge in der Automobilbranche relevanter denn je. Die Gründe dafür sind verschieden: die Abgabe des Unternehmens aus Altersgründen, der von den Herstellern ausgeübte Konsolidierungsdruck sowie das Drängen der großen Handelsgruppen, die einen expansiven Weg eingeschlagen haben.
Laut Norbert Irsfeld, geschäftsführender Gesellschafter der Prudentes Management GmbH, der im Rahmen der Studie befragt wurde, ist eine frühzeitige Planung des M&A‑Prozesses von größter Bedeutung. Unternehmenstransaktionen seien in den letzten Jahren auch um ein Vielfaches strategischer geworden. Dies setze eine sorgfältige Planung voraus, so Irsfeld.
Die wichtigsten Phasen
Ein M&A‑Prozess geht den Ergebnissen der Studie zufolge weder in der Theorie noch in der Praxis einfach vonstatten. Herausforderungen, die bei M&A‑Prozessen vermehrt auftreten, sind unter anderem die mögliche Abwanderung von Kunden und Mitarbeitern sowie die fehlgeschlagene Integration des Übernahmeobjekts. Dies gelte es mit Hilfe einer langfristigen und strategischen Planung sowie der Einbindung externer Experten zu verhindern, erklären die Berater.
In der Studie wird ein M&A‑Prozess theoretisch in drei Phasen gegliedert. Die Vorbereitungsphase sollte dazu dienen, eine langfristige Strategie für den M&AProzess zu entwickeln. Dabei sollten die erhofften unternehmerischen Ziele (z. B. Wachstum) nicht außer Acht gelassen werden. Hersteller sollten der Studie zufolge ebenfalls bereits in dieser Phase in den Prozess mit eingebunden werden, da sie laut Expertenmeinungen als wichtige Stakeholder der Unternehmen fungieren und oftmals auch ihre Unterstützung anbieten.
Während der Transaktionsphase – in der Theorie der Zeitraum zwischen dem ersten Kontakt und dem finalen Vertragsabschluss – wird auch die Finanzierung des M&A‑Prozesses zu einem zentralen Punkt. Den befragten Experten zufolge wird die Finanzierung in den allermeisten Fällen über die Hausbanken abgewickelt.
Die Integration dauert am längsten
Die Untersuchungen ergaben, dass eine Unternehmensübernahme im Schnitt sechs bis neun Monate dauert. Die meiste Zeit nimmt dabei die letzte Phase des Vorgangs, die Integrationsphase, in Anspruch. Zudem ist dieser Zeitraum entscheidend und gleichzeitig auch die schwierigste Phase einer Unternehmenstransaktion. Das liegt unter anderem an etwaigen Neubesetzungen gewisser Positionen. Zudem müssen adäquate Rahmenbedingungen für die technische Umsetzung geschaffen werden.
Der Studie zufolge ist die Ernennung eines Integrationsbeauftragten unumgänglich. Da durch eine Unternehmensübernahme ein völlig neues Konstrukt aus zwei verschiedenen Unternehmenskulturen entsteht, sei es sehr wichtig, nach Vertragsabschluss auch die neuen Mitarbeiter mit ins Boot zu holen. Damit wird Vertrauen geschaffen und Sicherheit im Hinblick auf den Wechsel in ein neues Unternehmen gegeben – nur so könne die Übernahme erfolgreich werden, raten die Experten.
Die Studie macht deutlich, dass sich die Praxis in vielen Fällen von der Theorie unterscheidet. Die Praxisbeispiele zeigen, dass das tatsächliche Vorgehen häufig pragmatischer gestaltet wurde als in der Theorie. In jedem Fall empfehlen die Experten ein frühzeitiges und aktives Nachfolgemanagement.
Jetzt die Video-Präsentation von Sebastian Berning auf next.autohaus.de ansehen oder die komplette Studie kostenfrei downloaden: